22. Mai 2015
Tagebuch, Ziguinchor, 22. Mai 2015
von Marielle Furter I Bilder zum Tagebuch >>
Juhui, es goht los!
Ein unbeschreibliches Gefühl erfüllt mich bis zum kleinsten Zeh, oder viel mehr, bis in mein Innerstes. Der Tag ist gekommen, an welchem die monatelangen Vorarbeiten abgeschlossen sind. Meine grosse Erschöpfung wandelt sich um in himmlische Freude. Endlich geht es los mit den langersehnten Bauarbeiten für den Kindergarten in Niaguis.
Im Schnellverfahren erscheinen vor meinem inneren Auge verschiedenste Bilder aus all den vergangenen Etappen und lassen überwältigende Emotionen in mir aufkommen. Vor über zwei Jahren begann ich mit den ersten Gesprächen und Vorarbeiten im Senegal. Seit einem Jahr lebe und arbeite ich fast rund um die Uhr für dieses Projekt, sowohl in der Schweiz, wie nun seit Januar 2015 vor Ort. Die Tage sind lang und ausserordentlich arbeitsintensiv, die schwülen Nächte kurz und wenige Stunden müssen zur Erholung ausreichen. Doch meine Vision und die so bedürftige Situation der Kinder hier in der Casamance vor Augen, haben mich täglich von Neuem angetrieben, mein Ziel nie aus den Augen zu verlieren.
Die letzten Monate habe ich mich fast nur noch mit der ganzen Bauplanung und den senegalesischen Abhandlungen und Vorschriften beschäftigt, was auch hier in Afrika ein beachtlicher Aufwand ist, vor allem als „Neuling“. Gleichzeitig vermitteln mir jedoch die vielseitigen Arbeiten ein stetig wachsendes Verständnis für all die unbekannten Gegebenheiten und erforderlichen Rechtswege. Begleitet von all den guten Wünsche und Gedanken meiner Liebsten, dem erfolgreichen Kontostand und dem grossen damit verbundenen Vertrauen mir gegenüber, werde ich immer wieder von Neuem ermutigt, das Projekt voran zu treiben. Zusätzlich profitiere ich von diesem intensiven Prozess viel für mein privates Leben hier im Senegal. Der Umgang mit den Einheimischen und der hiesigen Kultur verinnerlicht sich wie von selbst und ich fühle mich rundum zu Hause.
Plangemäss wurden am 5. Mai die eingereichten Offerten für den Neubau ausgewertet und von Experten begutachtet. Schlussendlich wurde nach einem fast zehn stündigen Verfahren das Bauunternehmen KASSIKA ausgewählt und der entsprechende Vertrag konnte endlich abgeschlossen werden. In drei Monaten sollen die Bauarbeiten fertig sein, noch bevor voraussichtlich ab Mitte August bis Ende September die heftigen Regen einsetzen.
Am Samstag, 16. Mai ist der grosse Tag gekommen, es geht los!
Die ersten Lastwagen mit Material sind eingetroffen, sowie eine Bautruppe für die wichtigsten Arbeiten, welche vorgängig für den Aufbau nötig sind. Berge von Zement und Sand wurden abgeladen, zwei Bäume mussten dem Neubau Platz machen, eine Wasserleitung wurde eigens für die Baustelle gelegt, der Bauplatz geebnet und für das Fundament vorbereitet. Aktuell werden Löcher gegraben, Schaufel um Schaufel, um das Eisen zur Verstärkung der Mauern in Zement zu fixieren.
Die grossen Ladungen mit Sand und Zement wurden extra am Wochenende hingefahren und abgeladen, um die Kinder der Primarschule nicht zu gefährden. Aus demselben Grund wurde eine Abschrankung aus Holz um den ganzen Bauplatz installiert. Dies zeigt doch schon ein gewisses Verantwortungsgefühl und entsprechende Rücksichtnahme des Bauchefs Sountou Gomis. Ich habe grundsätzlich sehr viele positive Rückmeldungen im Zusammenhang mit der Firma Kassika bekommen, Neubauten und bin sehr zuversichtlich, dass wir die richtige Wahl getroffen haben. Auch die Besichtigung eines Neubaus zur Erweiterung eines Kindergartens, hat mich überzeugt, dass mit einem hohen Qualitätsanspruch gearbeitet wird.
Der Präsident der Projektgruppe in Niaguis, welcher täglich mit sichtlicher Begeisterung und einem enormen Einsatz vor Ort ist, strahlt mich stets mit tiefster Zufriedenheit an. Er ist Lehrer an der Primarschule, neben welcher wir den Kindergarten bauen. Somit ist er nah am Geschehen und verfolgt das Voranschreiten der Bauarbeiten auch während seiner Freizeit mit einer grossen Gewissenhaftigkeit. Und mit Adleraugen, wie ich festgestellt habe.
Schon in wenigen Wochen beginnen die langen Ferien und die Schulräume können als Materiallager genützt werden. Ein „Gardier“ wird eigens dafür angestellt, Ein- und Ausfuhr aller Materialien zu kontrollieren und schriftlich fest zu halten. Er wird bis zum Ende des Neubaus in der Schule wohnen, um Tag und Nacht anwesend zu sein. Dieses überzeugende Sicherheitsverfahren ist sehr beruhigend.
Das Projekt erfordert weiterhin eine enge Zusammenarbeit mit der ganzen Gemeinde. Der ganze Bautrupp wird in Niaguis einquartiert und mit allen Mahlzeiten versorgt. Dies ermöglicht ein besonders zügiges Voranschreiten der Bauarbeiten. Auch der Sand konnte vor Ort abgebaut werden. Er hat die strengen Prüfungen der Experten bestanden und bewährt sich bestens, um zusammen mit Zement und Wasser stabile Backsteine zu bilden. Jeder wird einzeln hergestellt und mindestens zwei Tage an der Sonne getrocknet, bevor er zum Aufbau der Mauern dient.
Am Montag, 25. Mai wird die Produktion gestartet. Dies wird für mich persönlich ein weiterer Höhepunkt sein, wenn der erste Baustein geformt wird, dem dann hunderte und tausende Exemplare folgen werden.
Es freut mich sehr, dass ich wenigstens den Start mit erleben kann, bevor ich am 2. Juni anlässlich der Hochzeit von Daniela Brunner, unserem Vorstandsmitglied und meinem „Patenkind“, in die Schweiz fliegen werde. Auch wenn die ausserordentlich gewissenhafte und kontrollierte Vorgehensweise der beteiligten Personen mich absolut zuversichtlich stimmen, dass auch während meiner Abwesenheit genau so gewissenhaft gearbeitet wird, hätte ich gerne die Entstehung des Kindergartens während dem ganzen Aufbau begleitet, wie dies geplant war. Durch meine unerwartete Reise in die Schweiz im Februar, (siehe Tagebuch), hat sich die Bauzeit jedoch so sehr verzögert, dass mir dies nicht möglich ist, was ich sehr bedaure. Doch ist es mir ein genau so grosses Anliegen, die Gelegenheit zu nützen, in der Schweiz bis Ende August weitere Aktivitäten zur Finanzierung des nächsten Kindergartens in dieser Region zu starten.
Seit anfangs Mai habe ich zu meiner Entlastung für die Bewältigung der vielen Aufgabenbereiche einen Assistent aus dieser Gegend an meiner Seite. Einerseits ist der Aufwand für mich enorm geworden und ich bin froh, wenn ich einige Aufgaben abgeben kann. Andererseits kennt er sich bestens mit den örtlichen Begebenheiten und Umgangsformen aus und ist mir auch bei der Verständigung eine Hilfe. El Hadji Dieme kenne ich bereits seit drei Jahren, er unterrichtet mich in Kora, der afrikanischen Harfe. Sein verantwortungsvolles und zuverlässiges Verhalten habe ich stets geschätzt, sowie sein Interesse und die vielen Gespräche bezüglich meines Projekts in Niaguis. Auch ist es ihm selber ein persönliches Anliegen, die Umstände in seiner Heimat „Casamance“ zu verbessern. Sein grosses Wissen über die geschichtlichen Hintergründe dieser Region, trägt für mich zusätzlich viel dazu bei, die örtlichen Lebensumstände besser zu verstehen. Ich bin ausserordentlich froh um diese Unterstützung und es ist sehr hilfreich, hier nicht mehr als einzige Person von kindergardens4senegal aufzutreten und alles zu bewältigen. El Hadji ist inzwischen bestens eingearbeitet und wird während meiner dreimonatigen Abwesenheit meine Aufgaben übernehmen. Obwohl ich mit einem absoluten Vertrauen abreise, sowohl zu unserer Partnerorganisation Federation Dimbaya, so wie der Projektgruppe in Niaguis und dem Bauunternehmen KASSIKA, ist es mir ein Anliegen, dass kindergardens4senegal stets vertreten ist, auch wenn dies nicht immer von mir persönlich möglich ist. Ich möchte jedoch dieselbe Gewissheit haben und ebenso mit Rapports, Foto- und Filmmaterial von unserer Seite her beliefert werden.
Ruth Rychner, unsere Beisitzerin für Events reist am 24. Mai zu mir nach Ziguinchor und wird das Projekt ebenso für einen Monat begleiten. Ich freue mich sehr auf ihren Besuch und es wird für beide eine grosser Moment sein, wenn wir Niaguis gemeinsam besichtigen können. Auch bin ich ihr sehr dankbar für ihr grosses Engagment, in der Schweiz, sowie nun auch in Senegal.
Unser Tagebuch werde ich auch während meines Aufenthalts in der Schweiz weiter führen und alle Interessenten am Aufbau teilhaben lassen. Gerne werde ich über diese besonders spannende Etappe ungefähr alle 14 Tage berichten. Und natürlich freue ich mich über jede Begegnung in der Schweiz, über Gespräche und Austausch, anlässlich der geplanten *Aktivitäten oder auch einfach ganz privat. (*Infos folgen unter „Events“.)
Apropos Events. Ich suche interessierte und aktive Helfer, um die Finanzierung des zweiten Kindergartens zu ermöglichen. Der Bedarf ist sehr gross in dieser Gegend.
Sei es als helfende Hand oder aus eigener Initiative, ein Spielfest, Geschichtenzelt, Schulevent, Firmenanlass oder Benefiz-Veranstaltung jeglicher Art (Konzerte, Sportveranstaltungen, Sponsorenlauf,- schwimmen, Lottoabend, Kafistube, Tanz- Bar, usw.). Jeder Einsatz und jeder Franken zählt.
Danke für jede Bemühung, Veranstaltung, oder Tip.
Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Tel. Schweiz 076 715 78 86 (ab 3.Juni bis voraussichtlich Ende August 2015)
Tel. Senegal 00221 77 844 51 55 (ab September 2015)
Herzlichst
Marielle Furter